Vortrag von DGKS Petra Strohmaier (Stationsschwester an der neurologischen Abteilung/ Kaiser‐Franz‐Josefspital) und DGKS Katharina Stoff (Palliativschwester des mobilen Hospiz der Caritas), die beide dem Team des ALS‐Forums angehören und persönlich bei den regelmäßigen Treffen im Kaiser‐Franz‐Josefspital anwesend sind und für allfällige Fragen zur Verfügung stehen.

Die Pflege eines ALS‐Patienten spielt im Krankheitsverlauf eine zentrale Rolle. Wenn die Versorgung in der gewohnten Umgebung erfolgen kann, so trägt dies wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Damit Angehörige sich in dieser schwierigen Situation nicht überfordert fühlen, bedarf es der Unterstützung nicht nur für den Patienten sondern auch für den Pflegenden.

Der Übergang von Betreuung zur Pflege geschieht meist fließend und wird manchmal gar nicht bemerkt. Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld auf die neue und unbekannte Situation im pflegerischen und psychischen Bereich bestmöglich vorzubereiten:

  • kann ich pflegen, bin ich physisch und psychisch in der Lage ?
  • will ich pflegen, oder sind meine eigenen Pläne dringlicher ?
  • habe ich genügend Zeit und Unterstützung ?
  • warum möchte ich pflegen ?
  • wie kann ich als Angehöriger den Alltag so positiv wie möglich gestalten, indem ich die Krankheit nicht verdränge sondern aus der Situation das Beste mache.

Weiters ist wichtig:

  • Sich rechtzeitig Gedanken um eine bedürfnisgerechte Gestaltung der Wohnsituation machen. Stolperfallen oder ev Hindernisse für den Rollstuhl beseitigen.
  • Eventuell notwendige Umbauarbeiten, z.B. verbreitern der Türen, Änderungen im Badezimmer etc. organisieren.
  • Krankenbett, Duschrollstuhl, Lifter und andere notwendige Hilfsmittel besorgen. Diese werden meist von der Krankenkasse bezahlt, daher rechtzeitig um Bewilligung ansuchen.
  • bei Bedarf oder Unsicherheit Pflegeinformationen im Spital oder bei der Hauskrankenpflege einholen.
  • Mut zur Improvisation zu Hause. Rechzeitig eine regelmäßige Unterstützung organisieren.
  • sich bei anderen betroffenen Personen wertvolle Alltagstipps holen.

Wichtige Pflegemaßnahmen im Verlauf der Erkrankung:

Körperpflege den Wünschen des Patienten anpassen: z.B. Duftrichtungen für Seifen und Cremen, die der Patient gerne riecht, Zahnbürste und Zahncreme, die als angenehm empfunden wird, verwenden. Oder z.B. auch wie oft rasiert wird. Auf jeden Fall sollte die Selbständigkeit des Patienten bei den alltäglichen Verrichtungen so lange es geht erhalten werden. Auch dafür gibt es gute Hilfsmittel.

Wichtig ist das Auftreten von Wundliegen (Dekubitus) zu verhindern. Hier gibt es eigene Dekubitus‐Matratzen oder Matten, die man auf die vorhan‐ denen Matratzen auflegt. Hilfreich ist auch (z.B. für den Nasenrücken, falls eine Atemmaske getragen wird) eine spezielle Pflegecreme aufzutragen. In der Nacht sollte die Liegeposition mehrmals gewechselt werden. Eventuell Arme und Beine durch Pölster stützen. Regelmäßige Kontrolle der vom Wund‐ liegen betroffenen Körperregionen ist unbedingt notwendig.

Für die Angehörigen: Wirbelsäule und Bandscheiben werden durch die Pflege oftmals stark belastet. Daher Krankenbett immer auf Hüfthöhe stellen und sich vom Fachpersonal hilfreiche Techniken und Griffe zeigen lassen.

Der Mundpflege kommt im Verlauf der Erkrankung eine besondere Bedeutung zu. Eine gute Mundpflege hinterlässt beim Erkrankten ein angenehmes Gefühl: Beläge werden gemindert, Mundgeruch verbessert, Mundtrockenheit gelindert und der Geschmack verbessert, was durchaus den Appetit anregen kann. Wichtig ist, so lange es geht essen und trinken, auch wenn die PEG‐Sonde schon vorhanden ist. Dadurch wird die Mundschleimhaut befeuchtet, aktiviert und außerdem trägt die Lust am Essen zur Steigerung der Lebensqualität bei.

  • Zur Mundreinigung Poligon‐Swaps ( aus Schaumstoff, in der Apotheke erhältlich ) mit Wasser oder Tee benetzen. Nicht zu nass, da sonst Gefahr des Verschluckens oder der Aspiration gegeben ist.
  • Mundhöhle und Zunge damit sorgfältig reinigen und befeuchten. Zuerst den vorderen Teil des Mundes, dann nach hinten vortasten. Bei der Reinigung behutsam sein! Es soll für den Patienten ein angenehmes Gefühl erreicht werden.
  • Vor der Mundreinigung den Oberkörper höher stellen oder in Seitenlage bringen. Nicht zu weit in Richtung Rachenwand gehen, da leicht Brechreiz ausgelöst werden kann.
  • Glycerinstäbchen sind nicht zu empfehlen, da sie die Mundschleimhaut eher austrocknen.
  • Bei zuviel Speichel ist Salbeitee oder Salbeitropfen zu empfehlen, da sie die Speichelproduktion vermindern können. Oft ist jedoch eine medikamentöse Therapie (mt z.B. Anticholinergika) erforderlich.
  • Bei sehr zähem Schleim und trockenem Mund ist ev. ein Luftbefeuchter hilfreich oder Feuchtinhalationen und Absauggeräte Da Milchprodukte die Schleimproduktion fördern, sind diese eher zu meiden.
  • Zum Ablösen von Belägen auf Lippen oder Zunge kann man ganz wenig Butter oder Öl auf auftragen und dann wegwischen.
  • Bei trockenem Mund häufig die Mundschleimhaut mit benetzten Poligon‐Swaps befeuchten. Oder kleine gefrorene Fruchtstückchen in Kompressen verpackt, verabreichen.

Die Erkrankung bedingt im Alltag für den Patienten und seinen pflegenden Angehörigen viele Veränderungen. Das vorrangige Ziel dieses Vortrages am 26.1.2010 war es, Spannungen und Ängste vor diesen Veränderungen abzubauen und den Pflegealltag zu erleichtern.
Es wird auch ermuntert bei allen zukünftigen Treffen des „Forums ALS“ aktuelle Fragen zur Pflege zu Hause zu stellen, sodass sie gemeinsam mit Fachleuten diskutiert werden können.

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